„Optimale Kooperation zwischen Kognition und Intuition“
Einen solchen Satz würde man wahrscheinlich nicht bei einem Seminar zum Thema „Selbsthypnose und hypnosystemisches Selbstmanagement“ erwarten (https://www.meihei.de/fortbildungen/themenkurse-mit-g-schmidt/selbsthypnose/).
Aber Gunther Schmidt (https://de.wikipedia.org/wiki/Gunther_Schmidt_(Mediziner)) versteht unter Hypnose ja auch nicht jenen von außen herbeigeführten Zustand, der vielleicht mit Entspannung, jedenfalls mit Kontrollverlust verbunden wird.
Tagträumen Sie manchmal? Erleben Sie im Vorhinein eine erst bevorstehende, belastende Situation? Oder sind Sie schon im nächsten Urlaub, auf den Sie sich so sehr freuen?
Das funktioniert vorwärts und rückwärts: Kommt Ihnen immer wieder eine berufliche Situation in den Sinn, in der Sie sich als scheiternd erfahren haben? Und erinnern Sie sich demgegenüber an ein (und sei es scheinbar noch so geringfügiges) berufliches Gelingen, vielleicht sogar an eine Sternstunde?
„Man hypnotisiert sich sowieso schon den ganzen Tag durch die Gegend, ob man will oder nicht“*
Solches „Tagträumen“, mehr noch: jede Fokussierung unserer Aufmerksamkeit, bezeichnet Gunther Schmidt als „Selbsthypnose“ Sie geschieht oft unwillkürlich, das heißt, wie haben sie nicht willentlich herbeigeführt, sind aber sehr wohl in der Lage, sie zu bemerken. Dieses „Bemerken“ führt uns zu bemerkenswerten Unterschieden in Bezug auf unsere Gedanken, Gefühle und Körperwahrnehmungen. Bei der „Scheiterns-Hypnose“ könnte ein Außenstehender bei Ihnen wahrscheinlich niedergeschlagene Augen, eingefallene Schultern und eine schleppende Sprechweise wahrnehmen. Bei der Erfolgs-Hypnose begegnet ihm eher eine aufrechte Haltung, ein Lächeln um Ihre Lippen und eine Stimme, in der sich Ihre gute Stimmung zeigt (https://www.richtung-ziel.de/kopf-hoch-brust-raus/).
„Optimale Kooperation zwischen Kognition und Intuition“ bedeutet nun, unwillkürliches negatives Erleben zu nutzen, um willentlich positives Erleben zu erzeugen. Es gilt, „Aufmerksamkeitsprozesse so (zu) gestalten, dass sie hilfreiches Erleben fördern“, denn: Energy flows where attention goes.
„Dann könnten wir doch gleich so tun, als ob wir bedingungslos wertvoll wären“
Dieser Satz ist eingebettet in eine Reihe von Überlegungen:
- Das Erlebte macht nicht das Erleben. Wir führen zwar gemeinhin die Wirkung (Erleben) auf den Inhalt (Erlebtes) zurück. Aber unser Erleben wird „von innen heraus autonom erzeugt“ – freilich beeinflusst von Umwelten und in Wechselwirkungen mit diesen
- Erleben wird gespeichert und ist reaktivierbar – durch „Fokussierung der Aufmerksamkeit“
- Diese Aufmerksamkeit kann auf die Ressourcen und „Muster des Gelingens“ gerichtet werden, über die jeder Mensch reichlich verfügt. In der Beratung herrscht daher die „unumstößliche Überzeugung davon, dass alles da ist“
- Im unwillkürlichen negativen Erleben wird also nur eine Seite von uns wirksam. Bitte nicht identifizieren! Nicht „ich habe Angst“, sondern „eine ängstliche Seite“ meldet sich zu Wort. Es kann selbstverständlich sein, dass man sich mit dieser „vorübergehend verwechselt“…
„Du hast ein schlechtes Gewissen – oder welche Seite macht Dir ein schlechtes Gewissen?“ (Solche Beschreibungen ermöglichen Abstand und sind Mittel der Unterschiedsbildung) - Diese Seite muss gewürdigt werden, weil sie wertvolle Informationen über unsere Bedürfnisse zur Verfügung stellt und in der Not „unwillkürliche Selbstregulation“. Bitte nicht bekämpfen! Angesagt ist vielmehr „Beziehungsgestaltung“. Nicht „es muss weg sein“, sondern „es darf da sein und ich gehe anders damit um“ (https://www.richtung-ziel.de/im-neuen-jahr-wird-alles-anders/)
- Für Veränderungsprozesse gilt daher: „Wir müssen unser Unwillkürliches gewinnen“ – mit einer demütig-bittenden und keiner fordernden Haltung
- Das heißt: persönliche Evolution statt Revolution. Eine „Zielbalance“ ist Ausdruck von (ganz normalen) Ziel- und Loyalitätskonflikten
- Die Arbeit erfolgt (gut systemisch) mit der Gesamtorganisation und den Beziehungen zueinander – und nicht mit den einzelnen Teilen
- Der „Aufbau einer beobachtenden, steuernden Metaposition“ macht die Gesamtperson dort handlungsfähig, wo die „ausgelieferte Seite“ keine Wahl hat
- Die Schaffung dieser „sicheren Position“, in Verbindung mit Werten, Kompetenzen und also einer „Abteilung kluger Möglichkeiten“ (dort können auch bedürftige Seiten in Obhut genommen werden) stärkt das notwendige Sicherheitserleben. Das „Problem“ wird draußen, jenseits der schützenden Hülle, platziert
- Solche Vorstellungen sind wirksam: „Im So tun als ob ändert sich der Stoffwechsel“ oder „In der Bilderwelt ist alles möglich … aber der Körper reagiert darauf“. Und „dann könnten wir doch gleich so tun, als ob wir bedingungslos wertvoll wären“. Was für ein Satz!
- Diese Art „Organisationsentwicklung nach innen“ macht die Organisation Mensch nach außen handlungsfähig
„Bloß weil man Fähigkeiten hat, muss man sie ja nicht nutzen“
Zum Schluss noch zwei Übungen aus dem Repertoire von Gunther Schmidt:
Der „Hort“ ist ein innerer Ort für unsere bedürftigen Seiten.
Bisweilen wird dazu geraten, das uns Bedrängende in herausfordernden Situationen in den „Tresor“ oder eine „Kiste“ zu sperren. So könnten wir uns – zumindest vorübergehend – von unserer Angst befreien und funktionieren. Doch wie hilfreich ist es, unsere bedürftigsten Seiten, die sich ja nicht zufällig mit Vehemenz melden, „aus unterschiedlichen Altersstufen … am Rockzipfel zerren, auf den Kopf sich setzen, euch in den Rücken boxen“, wegzustecken? Wie wäre es stattdessen, ihnen dann, wenn wir keine Zeit oder keine Kraft für die Beschäftigung mit ihnen haben, wie Kindern über den Kopf zu streichen, sie an der Hand zu nehmen und zu einem „Ort der umfassenden Liebe“ zu führen? Dort würde von inneren Helfer*innen (Ressourcen in uns) gut für sie gesorgt, könnten sie „womöglich sogar heilende Prozesse erleben“. Wie würde dieser Ort aussehen“? Wie der Weg dorthin? „Welches Erleben würde das auslösen, anregen? … Und ich kann mich beruhigt und stabil den Alltagsgeschäften zuwenden. Was für eine interessante Erfahrung könnte das werden?“
Das „metaphorische Garnieren“ verbindet das „Innen“ mit dem „Außen“.
Signale werden mit Bedürfnissen und Zielen verbunden und an „belastende Außenreize“ geheftet. Sie sind so „wandernde Erinnerungshilfen an die eigenen Kompetenzen“. Einem Chef zum Beispiel, der eine Mitarbeiterin fortgesetzt belog und bloßstellte, was diese immer wieder wütend machte (was sie nicht wollte, was aber doch geschah – „es explodierte“) setzte Gunther Schmidt im Coaching der Mitarbeiterin bildlich einen kleinen Leuchtturm auf die linke Schulter. Dieser signalisierte durch sein Blinken fortgesetzt „mein Job ist mir wichtiger als du“ und hielt einige Reaktionsmöglichkeiten vorrätig. Die Mitarbeiterin, die den Chef bislang so gut es ging gemieden hatte, suchte nun die Begegnung zu Übungszwecken. „Egal, was er macht, er blinkt“ – und sie wurde dabei fortgesetzt „an ihre Bedürfnisse, an ihre Ressourcen erinnert“.
Konzept und Vorgehensweise stellt Gunther Schmidt in einer Fülle von Youtube-Videos vor, zum Einstieg und kurz z.B. https://www.youtube.com/watch?v=bk0Qsx1PN68.
Das möchten Sie in Coaching und Supervision einmal ausprobieren? Gerne! (https://www.richtung-ziel.de/bewusster-wille-contra-unwillkuerliches-ein-fall-fuer-coaching-und-supervision/)
*Mitschriften (Zitate: Dr. Gunther Schmidt) auf der Veranstaltung „Selbsthypnose und hypnosystemisches Management“, 26.-28. Juni 2023, Milton-Erickson-Institut Heidelberg (https://www.meihei.de/%C3%BCber-uns/das-institut/)