Alles online – oder was?
Die Krise als Beschleuniger: nach Corona oder, wahrscheinlicher, mit Corona werden wir die digitale Infrastruktur, die wir aufgebaut, und die digitale Expertise, die wir erworben haben, selbstverständlich weiter nutzen. In der „neuen Normalität“ deutet sich eine „neue Flexibilität“ bezüglich unserer Arbeit an: wir werden je nach Bedarf und Bedingungen präsent und online sein.
Das gilt auch für Supervision und Coaching – mit vielen Chancen und einigen Risiken:
Wo keine persönliche Begegnung möglich ist, bieten die neuen Online-Formate eine Alternative. Selbst wenn die physische Präsenz aller Beteiligten zu bewerkstelligen wäre, ist das ortsunabhängige Gespräch am Bildschirm oft leichter zu organisieren. Dabei werden zugleich Reisezeit und -kosten eingespart.
Freilich:
„Wenn Reflexion ein wesentlicher Aspekt von Supervision ist, müssen Supervisionskonzepte so gestaltet sein, dass sie Reflexion zulassen“ (Engelhardt).
Es gilt also, die besonderen Bedingungen verschiedener Online-Settings zu berücksichtigen, ja, zu nutzen. So bietet Blended Supervision in einem Mix aus zeitgleicher Präsenz oder Videokonferenz und zeitversetzter Schriftlichkeit für die Einzelberatung nicht nur die Möglichkeit größerer Flexibilität, sondern auch erhöhter Reflexivität durch Entschleunigung.
Die Herausforderungen vor allem bei Gruppen- und Teamsupervision liegen im Zwischenmenschlichen und Gruppendynamischen:
„Man sieht nur den Kopf, nicht den Bauch“, haben es Kollegen formuliert. „Man weiß, was man alles nicht weiß“ – und daher braucht es mehr Anstrengung bei der Deutung, ist die Unsicherheit im Umgang miteinander und die Gefahr von Missverständnissen erhöht.
Darauf macht übrigens auch die Forschung aufmerksam, die sich schon seit der Jahrtausendwende mit virtuellen Teams befasst. Neben der Beherrschung der Technik und einer verstärkten Ziel-, Aufgaben- und Prozessorientierung erfordern der Einzelne und die Gruppe mehr Aufmerksamkeit. Und so wird allenthalben empfohlen, auch in der digitalen Welt immer wieder persönliche Begegnungen zu ermöglichen.
Zum Nachlesen:
Emily Engelhardt, Online-Supervision –neue Perspektiven für die Praxis. In: KONTEXT 45, 2014. Verfügbar unter: https://www.dgsf.org/service/wissensportal/online-supervision-neue-perspektiven-fuer-die-praxis-2014[
Harald Geißler, Digitalisierung von Coaching und Coaching-Ausbildungen, in: Coaching-Magazin Online, 2020. Verfügbar unter https://www.coaching-magazin.de/beruf-coach/digitalisierung-von-coaching-und-coaching-ausbildungen
Sandra Müller, Virtuelle Führung. Erfolgreiche Strategien und Tools für Teams in der digitalen Arbeitswelt, 2018